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Am Rande der Mitgliederversammlung gab Simon Diesch ein Interview. Er erzählte, an welche ersten Segelerfahrungen er sich noch erinnert, wie er im Opti Angst vor jedem Blatt hatte, das sich bewegt, wie der Spaß am Segeln aufkam – und über die heutigen Rahmenbedingungen einer Olympia-Kampagne.

Am Großbaum festgebunden
Simon Dieschs Start in die Olympia-Kampagne

Simon Diesch segelt seit dem Frühjahr 2016 mit Philipp Autenrieth (Augsburg, Bayerischer YC) als Vorschoter im 470er. Im Oktober 2016 gelang den beiden ein erster großer Erfolg, sie wurden Deutsche Meister in dieser olympischen Bootsklasse. Volker Göbner sprach am Rande der WYC-Mitgliederversammlung im März 2017 mit Simon Diesch:

Simon, kannst Du Dich noch an Deine ersten Segelerfahrungen erinnern?
Meine allerersten Segelerfahrungen gehen ganz weit zurück. So weiß ich von Erzählungen, dass ich – bedingt durch meine Familie, speziell meinen Vater als Olympiasieger – schon sehr früh aufs Schiff geschleppt wurde. Noch im Babysafe liegend hat man mich an den Großbaum gebunden, damit ich endlich Ruhe gebe.

Und an die eigenen Segelerfahrungen?
Die habe ich im Opti gemacht. Ich war fünf. Das war im Opti meiner Cousine, da ging es ans Segeln. Ich war damals ein Wahnsinn-Schisser als Segler. Sobald sich ein Blatt bewegt hat, war ich nicht mehr aufs Wasser zu kriegen und bin in Tränen ausgebrochen. Die Devise meiner Mutter lautete: Ich musste draußen sein, bevor irgendein Segel geschlagen hat. So habe ich angefangen mit dem Segeln.

Wie ging es dann weiter?
Mühsam, schwierig. Wie gesagt, ich hatte viel Angst und musste mich quasi dazu zwingen, aufs Wasser zu gehen. Wenn ich dann draußen war, hat es jede Menge Spaß gemacht! Ich habe mich erstaunlicherweise immer sehr schnell zurecht gefunden. Ich habe sehr schnell Trainingsgruppen übersprungen, weil ich immer einer der schnellsten war. Ich wusste zu dem Zeitpunkt aber natürlich nicht, wie ich es angestellt hatte. Meine Trainer waren begeistert von mir. Mir selber hat es irgendwann auch Spaß gemacht. Und als ich dann tatsächlich auch zum ersten Mal gekentert bin, war die Angst auch passé. Und ich habe eine riesen Freude am Segeln bekommen.

Wann hast Du Deine erste Regatta gewonnen?
Das war eine Opti-B-Regatta auf dem heimischen Revier – nein, stimmt gar nicht. Vorher schon die Knaudelregatta in Laupheim. Das war meine zweite Regatta, die ich gesegelt bin. Die habe ich auf Anhieb gewonnen.

Wir machen einen Sprung in die Gegenwart. Du segelst 200 Tage im Jahr, was machst Du an den anderen 165 Tagen im Jahr?
Ich studiere Jura an der Uni in Konstanz. Das fünfte Semester habe ich beendet. Die Zwischenprüfung für das Grundstudium habe ich nach dem vierten Semester abgelegt. Ins Schwerpunktstudium Wirtschaftsrecht mit dem Fokus Unternehmen und Finanzen habe ich gerade so reingefunden. Der Vorteil meines Studiums sind sehr viele Freiräume. Ich muss es mir selber einteilen, so lässt sich nun der Spitzensport relativ gut mit dem Studium kombinieren.

Anfang 2017 seid ihr in den C-Kader des Deutschen Segler-Verbandes berufen worden. Ist damit nicht eine Residenzpflicht am DSV-Stützpunkt in Kiel verbunden?
Grundsätzlich ist der C-Kader an den Stützpunkt gebunden. Ausschlaggebend ist jedoch, an 80 Prozent der Trainingsmaßnahmen des jeweiligen Bundestrainers teilzunehmen. Dadurch, dass unsere Sportart sehr viel unterwegs ist und dass außerhalb der Kieler Woche selber keine Wettkämpfe in Kiel stattfinden und das Material immer unterwegs ist zu den jeweiligen Trainings- und Regattaorten, ergibt sich für uns kein wirklicher Mehrwert am Stützpunkt. Wir sind sowieso immer unterwegs. Wir sind auch der Ansicht, dass von Süddeutschland, dem Nabel von Europa, jedes andere Land innerhalb von 1.500 Kilometern erreichbar ist. Wir halten die 80 Prozent des Kaderkriteriums ein. In den fünf Wochen, wo Training in Kiel stattfindet, werden wir natürlich auch in Kiel sein.

Segelst Du noch was anderes außer 470er?
Segeln ist für mich Beruf und Berufung zugleich. 470er auf der einen Seite, auf der anderen Seite – sofern es die Zeit hergibt – J70, bisher drei Events in der Bundesliga, die Lake Constance Battle, und sofern sich die Möglichkeit ergibt, auch mal ein Törn auf Vaters Schiff in den kroatischen Inseln.

Du wurdest erneut in die Riege der Preisträger der Herzog-Carl-Stiftung berufen. Wie oft wurdest Du da schon ausgezeichnet?
Ich bin im neunten Jahr in Folge Stiftungsempfänger. Das ist etwas ganz besonderes, ein Ansporn, jedes Jahr aufs Neue zu diesem Kreis zu gehören. Meines Wissens ist die Herzog-Carl-Stiftung einzigartig in Deutschland, eingerichtet von Herzog Carl vor 31 Jahren zu dessen 50. Geburtstag. Ein Komitee im Verein entscheidet über die Vergabe an zukunftsträchtige, ambitionierte und talentierte junge Sportler, um diese finanziell zu unterstützen und den Eltern Last abzunehmen Das ist jedes Jahr eine neue Ehre, da berufen zu werden. Das ist für mich wie für den Verein etwas ganz besonderes.

Ihr seid amtierende Deutscher Meister im 470er. Was sind Eure Ziele für die Saison 2017?
Wir sind ein neues Team. Für das nacholympische Jahr haben wir dennoch bereits hohe Ambitionen. Wer 2020 ganz oben stehen will, darf damit nicht erst 2018 oder 2019 damit anfangen. Wir wollen dieses Jahr hohe Ziele erreichen: Natürlich die Verteidigung des nationalen Titels, wir wollen bei den 470er-Herren die Nummer eins in Deutschland sein. International gilt es für uns, die Lücke nach oben zu schließen und die ersten 20 der Weltrangliste – da stehen wir gerade in den 40er-Plätzen – sollen greifbar sein. Vor dort aus wollen wir die Offensive nach vorne angehen.

Um ins Segeln einzusteigen, ist nicht besonders viel Geld erforderlich. Der WYC stellte beispielsweise seinen jungen Anfängern die Optimisten-Jollen für geringes Entgelt zur Verfügung. Wie hoch ist Euer Budget für die 470er-Kampagne?
Das Budget für einen Optimist fließt bei uns wahrscheinlich alleine in einen Satz Segel. Wir sind viel unterwegs. Wir reden für ein ganzes Jahr Olympia-Kampagne im 470er von einer sechsstelligen Summe, von 100.000 Euro für Boot, Material, Unterkünfte, Trainer und Reisekosten. Da kommt so einiges zusammen.

Woher kommt das Geld?
Große Unterstützung erhalten wir von unseren Sponsoren. Wir haben gerade mit Develey Senf und Feinkost einen neuen Sponsor an Bord genommen, langjährig an unserer Seite stehen Abus und Ultramarin sowie Julbo oder Ultrasport als Ausrüster. Bei unserem Bekleidungsausrüster Musto müssen wir noch abwarten, welche Rahmenverträge der DSV abschließt. Aber auch unsere Vereine, der Württembergische Yacht-Club wie auch der Bayerische Yacht-Club, unterstützen uns kräftig. Wir kommen auch nicht ohne die Unterstützung unserer Eltern aus. Hin und wieder finden wir auch einen Mäzen. Natürlich hilft auch das Geld aus der Förderung der Herzog-Carl-Stiftung. 100.000 Euro wollen erst gesammelt werden.

Vielen Dank für das Gespräch – und viel Erfolg!

Interview geführt von Volker Göbner am 17.März 2017

 

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