Eine Artikelserie zur Geschichte des WYC von Volker Göbner
Erschienen in der Schwäbischen Zeitung (am 20.01.2011)

Teil 4:  Neubeginn: der Wiederaufbau der Segler ist mühselig

Nach dem Krieg war erst einmal an Segeln nicht zu denken. Die meisten Schiffe waren mit der Halle in Seemoos verbrannt, der Hafen war schwer beschädigt und von den Franzosen beschlagnahmt. Ein paar Yachten hatten die Besatzer rund um den See eingesammelt und segelten damit selbst. Mit der Währungsreform im Juni 1948 tauchten aber die ersten Segelboote der Deutschen wieder auf, die an der Nordseite des Hafens anlegen durften. Von  Dr. Helmuth Müller-Clemm als Präsident wurde mit Genehmigung der Franzosen im Sommer 1949 ein „Yacht-Club Friedrichshafen“ (YCF) gegründet.

Den alten „Yacht-Club von Deutschland, Zweigabteilung Bodensee“ löste eine Versammlung um den damaligen stellvertretenden Vorsitzenden Viktor Schobinger auf (der „Vereinsführer“ Wilhelm Krose kränkelte in einem Schweizer Sanatorium). Übrig gebliebene Mitglieder sowie verbliebene Vermögensbestände wurden auf den neuen YCF übertragen.

Die erste Nachkriegs-Bodenseewoche in Friedrichshafen fand 1951 statt. Dr. Hugo Eckener, Ehrenmitglied des Yacht-Clubs, eröffnete die Regatta:  „Der Segelsport ist völkerverbindend“, stellte der weltberühmte Luftschiffer fest.

Vor allem mit dem Kutter „Lotte“ von Zeno Diemer, einem begnadeten Luftbau-Ingenieur und Flieger, wurde eine intensive Jugendarbeit betrieben. Auch auf den Yachten von Schobinger und dem Unternehmer Erwin Allgaier waren die Jungen unterwegs. Rudolf Moser oder Fred Schobinger gehörten zu den aktivsten Jugendlichen damals. Wie schon vor dem Krieg wurde einmal wöchentlich mit den jungen Damen aus dem Paulinenstift Segelausbildung durchgeführt. „Das war ein Mords-Spaß“, erinnert sich auch Haymo Hopfenzitz noch an diese Nachmittage. Nur als „Doppelpack“ durften die Mädchen bei den Jungs an Bord gehen. Doch draußen wurden die Crews auf den Booten getauscht. Und wenn dann wieder einmal Flaute kam, wurde die eine oder andere junge Lady doch zu spät und vor allem alleine im Stift wieder abgeliefert, erzählt Moser, der die eine oder andere Gardinenpredigt abwettern musste.

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Die „Lotte“ spielte bei der Jugend des Yacht-Clubs Anfang der 50er Jahre eine große Rolle.

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Die Jugend nutzte 1951 jede freie Stunde, um mit der „Lotte“ zu segeln

Bei den Regatten oft vorne zu finden war Rolf Gerich, der spätere OB von Weingarten. Sogar wegen „Bandenschmuggels“ sollte er anno 1952 belangt werden, weil einer seiner Mitsegler in der Schweiz auf dem Weg zur Toilette an einem Kiosk ein Päckchen Zigaretten und eine kleine Dose Nescafe gekauft hatte. Auf dem Rückweg blieben die Jungs in der Flaute hängen und nachts war dann plötzlich der Zollkreuzer da ...

Die beschlagnahmte Außenmole wurde dem Yacht-Club im September 1952 wieder zurückgegeben. Neu aufgetauchten Dokumenten zufolge hatte der damalige Kommandant auch Bauchweh, da er die militärische Notwendigkeit der Beschlagnahme des Yachthafens nicht so recht begründen konnte.

Mit dem wieder auflebenden Segelsport war es erforderlich, das abgebrannte Clubhaus wieder aufzubauen. An der Stelle, wo auch jetzt noch das Domizil des WYC steht, wurde 1953 ein kleines Clubhaus errichtet. Zwei Jahre später – der Yacht-Club hatte inzwischen eine Namensänderung mit dem Vorsatz „Württembergischer“ eintragen lassen – wurde Viktor Schobinger zum Präsidenten gewählt. Der Wiederaufbau von Hafen, Clubhaus und einer provisorischen Winterlagerhalle in Seemoos hielt den Verein finanziell am Boden. Schobingers Künste, gutsituierte Mitglieder zu Spenden oder Sachleistungen zu überreden, sind heute noch berühmt. Nicht umsonst war er vor dem Krieg Verkaufsdirektor bei den Maybach-Motorenwerken.

Ende der 50er Jahre waren die WYC-Segler wieder sehr erfolgreich. Nicht weniger als 52 erste Preise errangen sie alleine im Jahr 1957. Im Jahr darauf übersprang der WYC die Marke von 300 Mitgliedern. Der Segelsport boomte, das Wirtschaftswunder begann zu leuchten und die Menschen hatten immer noch Nachholbedarf. 1959 war bereits die erste Hafenerweiterung nötig geworden. Das änderte jedoch nichts daran, dass der Seegang vor allem bei starkem Föhn zu erheblichen Problemen und oft auch Schäden führte. „Bei Süd war in unserem Hafen die Hölle los, da sind wir gesprungen“, berichtet Dr. Bruno Diesch, der damals mit seinem Schwager Dr. Eduard Batzill Hafenwart des Yacht-Clubs war und dann geschwind von der Zahnarztpraxis in den nahen Hafen eilte, um nach dem Rechten zu sehen. Vor allem sportlich sollten diese beiden Namen noch Geschichte schreiben, wie wir in der nächsten Folge sehen werden.

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Dicht gedrängt standen die Menschen in den 50er Jahren auf der Mole des WYC-Hafens, um bei den Regatten zuzusehen.

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Der Hafen des WYC nach der Erweiterung von 1959

 

 

 

 

 

 

 

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