Nachrichten Württembergischer Yacht-Club e.V.
Gründung: WYC steht unter königlichem Schutz
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- 100 Jahre WYC
- 3477
Eine Artikelserie zur Geschichte des WYC von Volker Göbner
Erschienen in der Schwäbischen Zeitung (am 10.01.2011)
Teil 1 : 1911-1915
Am 20. Januar 1911 wird der „Königlich Württembergische Yacht-Club“ aus der Taufe gehoben
Wir blenden 100 Jahr zurück in die Vergangenheit: Es war Kaiserzeit in Deutschland. Seit rund zwei Jahrzehnten herrschte Frieden im Land. Die Wirtschaft blühte, aber dem Volk wurde das Land zu eng und es drängte hinaus in alle Welt. Um seine Kolonialträume zu verwirklichen, brauchte Kaiser Wilhelm eine leistungsfähige Handelsflotte und eine nicht minder starke Kriegsmarine, um diese und die exterritorialen Gebiete zu schützen. Überschwengliche Propaganda entfachte im ganzen Land eine Begeisterung für alles Maritime. Selbst die Kinder waren stolz auf ihr „Matrosenanzügle“.
S.M. der König von Württemberg (2. von links) im Gespräch mit den Gebrüdern Baresel (mit Zylinder), deren Untertürkheimer Firma den Yachthafen gebaut hat.
Im ersten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts war der Segelsport in erster Linie eine Freizeitbeschäftigung des Adels und des Großbürgertums. Die Gewinne der Unternehmen sprudelten und so war es vor allem für die Industriellen kein Problem, sich alle paar Jahre eine neue Yacht zu leisten. Einer der ersten „Sportsegler“ auf dem Bodensee war Ferdinand Graf von Zeppelin, der auch schon mit dem seit 1891 regierenden König Wilhelm II. von Württemberg die ersten Segeltouren – lange vor dessen Krönung – auf dem Bodensee unternommen hatte.
Unter dem Dach des Deutschen Schulschiff-Vereins (DSV) – der sich um die Ausbildung junger Seeleute kümmerte – hatte sich eine rund 50 Mitglieder starke württembergische Vereinigung gegründet. Im Nachgang zu einer Mitgliederversammlung des DSV – und in bemerkenswerter Personalunion – wurden die Vorbereitungen für die Gründung eines Yacht-Clubs getroffen. Am 20. Januar 1911 war es dann soweit: In Stuttgart wurde der „Königlich Württembergische Yacht-Club“ (KWYC) gegründet. Vorsitzender wurde Staatsrat Carl Freiherr von Gemmingen-Guttenberg, seines Zeichens Königlicher Kammerherr – also einer der Vertrauten des Landesherrn. Der König selbst stellte sich als „Kommodore“ an die Spitze des Vereins und zum Ehrenpräsidenten wurde gleich Graf Zeppelin ernannt.
Schon im ersten Jahr beteiligte sich der KWYC mit einer Wettfahrt vor Friedrichshafen an der Bodenseewoche. Nicht weniger als 25 Yachten kamen zu dieser Premiere. Denn die Stadt der Luftschiffe war schon vor der Club-Gründung eines der Zentren des Segelsports. Schließlich hatte der König in seinem Schosshafen ein großes Motorboot, eine Segeljolle und eine 12 Meter lange Segelyacht liegen, mit der er und auch Königin Charlotte ihre Segelausflüge über den See unternahmen. Selbst bei Regatten beteiligte sich der König – oder schickte seine Yacht, oftmals unter Führung eben jenes Freiherrn von Gemmingen-Guttenberg.
Im Handumdrehen wurden die Pläne für einen Yachthafen und ein Clubhaus ausgearbeitet. Weil damit auch der Bau der sehnlichst erwarteten Uferstraße und eines Gondelhafens einhergingen (auch dank der finanziellen Hilfe des Königs), war die Stadt hellauf begeistert. Es vergingen nicht einmal eineinhalb Jahre und der Yachthafen, die Uferstraße und der Gondelhafen wurden eingeweiht. Am 9. Juni 1912 war feierliche Einweihung mit Seiner Majestät, dem König höchstpersönlich: „Das ganze Schwabenland, es feierte dieses Fest mit“, schrieb damals das „Seeblatt“ aus dem Verlag von Robert Geßler’s Witwe, dem Vorläufer der schwäbischen Zeitung. Sonderzüge brachten die Leute an den See, Graf Zeppelin kreiste mit seinem Luftschiff Z III über der Bucht. König Wilhelm eröffnete feierlich das Ensemble, das der Stadt ein neues Gesicht gab – ein „gewaltiger Markstein in der Geschichte unserer Stadt“, so der damalige Stadtschultheiß (Bürgermeister) Mayer.
Nach zwei Jahren hatte der KWYC also einen Hafen, auch ein kleines Clubhaus war inzwischen fertig und zählte rund 230 Mitglieder – ein rasantes Wachstum, wie es seinesgleichen nicht suchen brauchte.
Doch das Wachstum wurde jäh gebremst, als im Sommer 1914 der erste Weltkrieg ausbrach.
Segelyachten am Wind vor der Schlosskirche von Friedrichshafen, etwa zwischen 1910 und 1913 aufgenommen.