„Die WM ist ‚verschoben‘, die Trofeo abgesagt und auch der World Cup in Genua muss verschoben werden.“ Mit diesen alarmierenden Nachrichten meldeten sich am Freitagmorgen (13.3.20) Simon Diesch und Philipp Autenrieth, unsere Olympia-Hoffnung im 470er, aus Mallorca.

Diese drei Events waren von DSV und DOSB als Olympia-Qualifikation für die 470er festgelegt worden. Während die Damen das Nationenticket für Tokyo 2020 schon haben, hätte es eine deutsche Herren-Mannschaft beim World Cup Mitte April in Genua holen sollen. Das alles steht nun in den Sternen.

Wie Simon und Philipp die Absage erlebt haben, beschreiben sie in ihrem Newsletter (Stand Freitagmorgen, 13.3.20): „Wir waren seit Anfang Februar in Mallorca im Trainingslager, um uns auf die ab dem 13. März geplante WM vorzubereiten. Alle Teams (70 bei den Herren, 33 bei den Damen) waren schon seit Wochen hier. Da wir als Segler ja bekanntermaßen praktisch keinen Kontakt mit Heerscharen von Zuschauern haben, stand bislang Segeln nicht auf der Liste der viral diskutierten Sportarten. Wir alle gingen bis gestern davon aus, dass die WM stattfinden wird. Denn Kontakte mit fremden Menschen waren weniger zu erwarten als wenn man sich von hier fortbewegt. Doch als wir gestern von einem zweistündigen Training auf dem Wasser zurück an Land kamen, waren alle schon am Einpacken. Die WM war kurz nach Mittag abgesagt worden, auf Weisung der balearischen Behörden. Offiziell ist sie „postponed“ und „not cancelled“. Und auch die für Ende März geplante Trofeo Prinçesa Sofia hier in Palma de Mallorca ist komplett abgesagt worden. Hunderte von Seglern waren schon in Mallorca, um sich auf diesen Event vorzubereiten. Fluchtartig verlassen viele die Insel. Dabei ist Mallorca mit bis gestern 20 Infizierten noch die am wenigsten betroffene Region im spanischen Königreich.“

Wie geht es nun weiter? „Alles, was wir nun tun können, ist, einen kühlen Kopf zu bewahren. Wir entscheiden von Tag zu Tag. Derzeit bleiben wir noch auf Mallorca“, so die beiden Segler am Freitagmorgen. „Denn es gilt ja nach wie vor, im Training zu bleiben und uns auf mögliche weitere Events vorzubereiten - und hier sind die Segelbedingungen derzeit ideal. Auch wenn es eine durchaus unwirkliche Situation ist. Unverändert wollen wir unser Bestes geben, um an den Olympischen Spielen 2020 teilzunehmen - und müssen dafür jetzt irgendwie den Spannungsbogen aufrecht erhalten, auch wenn die ersten Höhepunkte des Jahres auf unbestimmte Zeit verschoben sind. Einzig ein Termin ist bekannt: Die Frist für die Nationen-Qualifikation für Olympia ist bis Ende Juni verlängert. So ganz einfach wird es nicht, für die verschobenen Events einen neuen Termin zu finden. Eine WM kann ja nicht spontan angesetzt werden …“ Gut 24 Stunden war die nächste Stufe der Krise erreicht: Die spanische Regierung stand kurz davor, eine Ausgangssperre für das ganze Land zu verfügen. Simon und Philipp entschieden sich, die „Zelte“ ebenfalls abzubrechen. Am Samstagabend packten sie das ganze Equipment ein, machten sich mit Auto, Trailer, 470er und Motorboot auf den Weg zu Fähre. Sonntagmorgen erreichten sie das spanische Festland und waren am Montag wieder zuhause.

Der Sachstand bei der Olympia-Qualifikation: Ein Ticket für Europa wäre noch beim World-Cup in Genua zu vergeben, so er denn bis Ende Juni nachgeholt werden kann. Ansonsten steht Deutschland als erster Nachrücker auf der Liste. Über das Ticket für Ozeanien ist noch nicht entschieden. Bei der entsprechenden Qualifikationsregatta im Januar 2020 in Melbourne waren zwei Teams am Start. Platz eins belegte ein amerikanisch-bayerisches Team, unter der Flagge von „American Samoa“. Bisher hat die Inselgruppe (knapp 50.000 Einwohner mit US-Staatsbürgerschaft), die seit gut 30 Jahren immer mit ein paar vereinzelten Sportlern an Olympia teilgenommen hat, die Teilnahme des 470er-Teams nicht bestätigt. Sollten die 470er Herren also aus eigener Kraft oder als Nachrücker das Olympia-Ticket bekommen, so bleibt die Frage der internen Qualifikation. Werden bis Juni noch die WM und der World-Cup nachgeholt? Oder auf welche Lösung kommt der DSV? Simon und Philipp waren jetzt seit fast 12 Monaten durchweg das beste deutsche Team bei internationalen Events. Die beiden haben also allen Grund, weiter konzentriert zu arebiten und sich auf eventuelle Events und die Spiele vorzubereiten!

Informationen über American Samoa sind hier zu finden: https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/aq.html